Learnings
Rahmen der Entwicklung des Prozessleitfadens für das MIO KH-E konnten vielfältige Erkenntnisse gewonnen werden, die für den weiteren Ausbau und eine Implementierung zusammengefasst werden.
Die folgenden Learnings fassen zentrale Aspekte zusammen, welche in der Erstellung des Prozessleitfadens analysiert wurden. Sie umfassen praxisorientierte Umsetzungsempfehlungen für das MIO KH-E in der Versorgung, identifizierte Schlüsselerkenntnisse aus der Prozessanalyse sowie relevante Limitationen, die weiteren Iterationen und Anpassungen des Leitfadens berücksichtigt werden sollten.
Ziel ist es, diese Erkenntnisse als Orientierungshilfe für die zukünftige Weiterentwicklung sowie im multiprofessionellen Austausch zu nutzen und auszubauen.
Umsetzungsempfehlungen für das MIO KH-E
- Integration des MIO in bestehende Arbeitsabläufe:
Eine möglichst nahtlose Integration der MIO-Umsetzung in bereits etablierte Arbeitsprozesse ist empfehlenswert. Dies reduziert den Mehraufwand für Anwender:innen bei der Erstellung und Nachnutzung von Informationen. Ein Ziel sollte es sein, die Erstellung und Nachnutzung so einfach und effizient wie möglich zu gestalten. Dies kann beispielsweise durch die automatische Übernahme von Daten aus bestehenden Systemen oder durch die Integration in die gewohnten Arbeitsumgebungen der Anwender:innen erreicht werden. Eine hohe Integration minimiert somit den Schulungsaufwand, reduziert die Fehleranfälligkeit und fördert die Akzeptanz der Nutzung des MIOs. Grundlegend muss davon ausgegangen werden dass auch in bestimmten Anwendungsfällen Prozesse in den Leistungserbringerinstitutionen neu gedacht und definiert werden sollten, damit medizinische Informationsobjekte ihren Mehrwert in der Versorgung vollständig entfalten können. - Berücksichtigung bestehender Prozessdarstellungen und -beschreibungen bei der UI-Entwicklung:
Bei der Gestaltung und Entwicklung der Benutzeroberfläche (UI) sollte sichergestellt werden, dass bestehende Prozessdarstellungen und -beschreibungen einbezogen werden.
Diese bilden die Grundlage für eine fachlich und organisatorisch stimmige Umsetzung und helfen, Systembrüche zu vermeiden. - Nutzung der UX-Visualisierungen als Inspiration für eine nutzerzentrierte Gestaltung:
Die erstellten UX-Visualisierungen bieten wertvolle Anhaltspunkte für die Entwicklung einer nutzerzentrierten User Experience (UX). Sie dienen als Inspirationsquelle, um die Gestaltung der Benutzeroberfläche an den Bedürfnissen und Gewohnheiten der Anwender:innen auszurichten. Es ist jedoch entscheidend, dass die Visualisierungen nicht eins zu eins übernommen, sondern an die spezifischen Gegebenheiten und Workflows des jeweiligen Primärsystems angepasst werden. Durch die Anpassung und Erweiterung der UX wird die Usability gesteigert und die Akzeptanz gefördert. - Verwendung veröffentlichter Fallbeispiele als Testvorlage:
Die publizierten Fallbeispiele können als praxisnahe Schablonen verwendet werden, um die um die korrekte Umsetzung des MIO KH-Entlassbriefs zu validieren. Sie dienen als Schablone, anhand derer die Funktionalität und die Datenintegrität der implementierten Lösung getestet werden können. Durch das Durchspielen der Fallbeispiele lassen sich potenzielle Fehler oder Inkonsistenzen frühzeitig erkennen und beheben, bevor sie zu Problemen im produktiven Betrieb führen. Dies ist insbesondere wichtig, um sicherzustellen, dass die implementierte Lösung die Anforderungen des MIO KH-Entlassbriefs vollständig erfüllt und die Daten korrekt verarbeitet und darstellt.
Schlüsselerkenntnisse
Gespräche mit Hausärzt:innen und medizinischem Fachpersonal zeigen, dass insbesondere die zeitnahe Verfügbarkeit und die Vollständigkeit des Krankenhaus-Entlassbriefs für die Nachsorge eine zentrale Rolle spielen. Aktuell bestehen hier deutliche Defizite, die Versorgungsabbrüche oder Verzögerungen nach einem stationären Aufenthalt zur Folge haben können. Auch die fehlende Datenintegration sowie notwendige manuelle Datenübertragungen werden von den Leistungserbringer:innen als Herausforderungen in der Versorgung wahrgenommen.
Schlussfolgerung:
Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) können die direkte Verfügbarkeit des MIO KH-E in der Versorgung unterstützen. Das MIO KH‑E kann über die vorhandenen Kommunikationswege wie der ePA oder KIM zeitnah übermittelt und für den jeweiligen Behandlungskontext vorbereitend nachgenutzt werden. Somit besteht das gesamtheitliche Potenzial, die strukturellen Herausforderungen zu verbessern und damit die Kontinuität der Versorgung zwischen stationärem und ambulantem Bereich nachhaltig zu sichern. Zur Ausschöpfung der Vorteile des MIO KH-E, wie der direkten Integration strukturierter Daten, sind weiterentwickelte lesende Primärsysteme (PS) mit einer hohen Funktionalität und Integrationstiefe eine weitere wichtige Voraussetzung.
Die Limitationen des Prozessleitfadens und daraus abgeleitete Maßnahmen zur Verbesserung
Die im aktuellen Stand ausgearbeitete Version des Prozessleitfadens zum MIO KH-Entlassbrief unterliegt verschiedenen Einschränkungen, die bei der Interpretation der Ergebnisse sowie der Auswertung berücksichtigt werden müssen. Diese Limitationen bieten gleichzeitig wichtige Ansatzpunkte für eine gezielte Weiterentwicklung des Leitfadens und der Methodik:
Limitation:
Die Datengrundlage basiert auf einer begrenzten Anzahl an Hospitationen sowie halbstrukturierten Beobachtungen und Interviews mit einem leitfadengestützten Fragebogen. Aufgrund der kleinen Stichprobe lassen sich die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf alle Versorgungsbereiche oder Institutionen übertragen. Zudem ist das deutsche Gesundheitswesen durch stark heterogene Prozesse und institutionelle Rahmenbedingungen geprägt, was eine Übertragbarkeit zusätzlich einschränkt.
Maßnahme zur Verbesserung:
Zur Erhöhung der Aussagekraft und Validität der identifizierten und dargestellten Prozesse könnte die Datenerhebung in der Anzahl der Hospitationen sowie weiterer Methoden erhöht werden. Dabei könnten neben der Betrachtung der Abläufe in Krankenhäusern auch weitere Versorgungsbereiche (z. B. MVZ, Rehakliniken, stationäre Pflegeeinrichtungen) sowie regionale Unterschiede gezielt berücksichtigt werden. Eine systematischere Einbeziehung verschiedener Leistungserbringerinstitutionen (LEI) kann zu einer breiteren Datengrundlage führen.
Limitation:
Der bisherige Fokus lag auf den Hauptnutzergruppen im stationären Bereich sowie im ambulanten Bereich (Ärzt:innen, Pflegepersonal, MDA/MFA). Weitere relevante Akteursgruppen – insbesondere in der Pflegeüberleitung, Rehabilitation und Langzeitpflege – wurden noch nicht umfassend berücksichtigt.
Maßnahme zur Verbesserung:
Für eine vollständigere Abbildung der Versorgungsrealität könnte eine Erweiterung der Benutzer:innenanalyse erforderlich sein. Die gezielte Einbindung weiterer Berufsgruppen, wie z. B. Pflegeüberleitungsdienste, Rehabilitationsfachkräfte und Sozialdienste, kann helfen, deren spezifische Anforderungen an das MIO KH-Entlassbrief zu erfassen und im Prozessleitfaden abzubilden.
Limitation:
Komplexe Versorgungsverläufe – wie etwa bei chronischen Erkrankungen, längeren Krankenhausaufenthalten oder intensiver Nachsorge – wurden bislang nicht ausreichend berücksichtigt. Dadurch kann ein Teil des tatsächlichen Versorgungsbedarfs unberücksichtigt bleiben.
Maßnahme zur Verbesserung:
Künftig kann eine gezielte Aufarbeitung und/oder Analyse komplexer Patient Journeys erfolgen. Diese Methode ermöglicht es, Schnittstellenprobleme, Informationslücken und Bedarfe über längere Versorgungsphasen hinweg sichtbar zu machen. Insbesondere bei multimorbiden oder chronisch kranken Patienten:innen werden so weiterführende Anforderungen an das MIO KH-Entlassbrief identifiziert und abgebildet.
Limitation:
Der entwickelte Klick-Dummie zur Darstellung des MIO KH-Entlassbriefs in einem fiktiven Krankenhausinformationssystem (KIS)/Primärsystem (PVS) dient dem besseren Verständnis der Anwendung, wurde jedoch bislang noch nicht umfassend im Hinblick auf Usability und Nutzerzufriedenheit evaluiert.
Maßnahme zur Verbesserung:
Zukünftig können gezielte Usability-Tests mit Anwender:innen durchgeführt werden, um Rückmeldung zu Gebrauchstauglichkeit, Verständlichkeit und Nutzerfreundlichkeit zu erhalten. Die gewonnenen Erkenntnisse können direkt in die Weiterentwicklung des Informationsmodells sowie der definierten Soll-Szenarien einfließen. Zusätzlich werden die Ergebnisse genutzt, um konkrete Empfehlungen für eine nutzerzentrierte Entwicklung und Implementierung an Softwarehersteller (PS-Hersteller) weiterzuleiten.
Weitere Informationen für Leser:innen
Mit dem folgen Abschnitt möchten wir zusätzliche Informationen und Verweise für die Betrachtung und Bewertung des Prozessleitfadens ergänzend zur Verfügung stellen.
- Rahmenvertrag über ein Entlassmanagement beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1a S. 9 SGB V,
verfügbar unter: https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/2_Themen/2.3_Versorgung-Struktur/2.3.3_Entlassmanagement/Rahmenvertrag_Entlassmanagement_neu.pdf, zuletzt abgerufen am 12.05.2025 - Fachkonzept elektronische Patientenakte für alle, gematik Fachportal (04/2025), verfügbar unter: https://fachportal.gematik.de/fileadmin/Fachportal/Anwendungen/ePA/gemKPT_FK_ePAfueralle_V1.4.0.pdf, zuletzt abgerufen am 12.05.2025
- Elektronische Patientenakte (ePA) „für alle“ in der ab 15.01.2025 geltenden Fassung - DKG-Umsetzungshinweise, DKG (01/2025),
verfügbar unter: https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/2_Themen/2.1_Digitalisierung_Daten/2.1.5._Telematik-Infrastruktur/2.1.5.4_Elektronische_Patientenakte__ePA_/Umsetzungshinweise_prozessual_technischer_Teil_2025-01-10.pdf, zuletzt abgerufen am 12.05.2025
Update
Der Prozessleitfaden für das MIO KH-E gibt den derzeitigen Stand der Ausarbeitung wieder. Die Inhalte werden kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst.
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